Neues Leben für alte Häuser: Markusstraße 35 – die lange Geschichte eines Agenturobjektes
13.08.2021
Ein besonderer Fall in der Tätigkeit der Agentur in den vergangenen 10 Jahren war die Markusstraße 35 auf dem Sonnenberg. Dieses Haus war herrenlos, da dessen letzter Eigentümer auf das Eigentum verzichtet hatte. Auf dem Gebäude lagen Grundschulden im sechsstelligen Bereich. Eine große Zahl an Gläubigern harrte im Hintergrund. Gemeinsam mit dem Staatsbetrieb „Sächsisches Immobilien und Baumanagement“ (SIB) begann die Agentur StadtWohnen Chemnitz ab Dezember 2012 tätig zu werden. Das SIB nahm Kontakt zu den Gläubigern des ehemaligen Eigentümers auf. Die Agentur informierte Investoren zur Situation des Gebäudes. Um eine Lösung für das komplexe Problem zu erreichen, musste ein Investor mit großem Durchsetzungsvermögen, Verhandlungsgeschick und Geduld gefunden werden.
Das Agenturteam führte in den folgenden Monaten viele Besichtigungen mit verschiedenen Interessenten durch. Einige wurden vom Zustand des Gebäudes abgeschreckt, andere kamen in den Gesprächen mit dem Hauptgläubiger nicht weiter. So wurden durch das SIB und die Stadt Chemnitz erste Überlegungen über eine Zwangsversteigerung laut. Zwangsversteigerungen sind zwar ein Mittel, um eine „verfahrene“ Eigentumssituation zu klären. Doch ob derjenige, der den Zuschlag bei der Versteigerung erhält, tatsächlich mit der Rettung und Sanierung des jeweiligen Gebäudes beginnt, ist ungewiss.
2015 hatte die Agentur einen Investor gefunden, der starkes Interesse an dem Gebäude zeigte. Die Stadtverwaltung Chemnitz hatte inzwischen die Markusstraße 35 auf die Liste der Gebäude gesetzt, die in einem derartig schlechten Zustand sind, dass sogenannte Sicherungsmittel bereitgestellt werden. Positiv für den Interessenten war zudem, dass der Hauptgläubiger seine Forderungen stark absenkte. Da das Gebäude offiziell herrenlos war, konnte der Investor es erst über das sogenannte Aneignungsrecht im Oktober 2016 erhalten. Im Anschluss musste er mit den einzelnen Gläubigern über deren Forderungen verhandeln. Die Sicherungsarbeiten am Haus begannen parallel dazu. Ganze Decken und die Dachkonstruktion mussten ausgetauscht werden. Die Bauarbeiten verliefen recht dramatisch – so verlangsamten unter anderem ein unverhoffter Deckeneinbruch und unabhängig davon der Tod des Vorarbeiters sowie starke Sturmschäden den Baufortschritt erheblich.
Wie konnte das Haus in einen derart schlechten Zustand gelangen? Bereits vor der politischen Wende war das Gebäude baulich vernachlässigt worden. Errichtet 1902 erhielt der damalige Eigentümer bereits 1937 die Auflage, die Fassade auf der Hofseite zu sanieren, weil von ihr Gefahr für die Bewohner ausging. Die Bewohner des Hauses beschwerten sich regelmäßig über die Feuchtigkeit und aufsteigende Nässe. In einem Gutachten wurde der Gebäudewirtschaft 1976 dringend eine Sanierung empfohlen. Doch 1988 musste die Staatliche Bauaufsicht in einem weiteren Gutachten feststellen „Es ist verwunderlich, dass innerhalb von 12 Jahren keine wesentlichen Unterhaltungen durchgeführt wurden“. Für das Denkmal Markusstraße 35 kam die politische Wende gerade rechtzeitig.
Mittlerweile wurde das Gebäude saniert, die letzten Ausbauarbeiten im Innenbereich werden derzeit durchgeführt.
Fotos von links nach rechts: Bauzeichnung 1902 aus der historischen Bauakte, Straßenansichten 2016, Stuckdetails im Eingangsbereich, Besichtigung der Baufortschritte, Austausch der Decken war notwendig, Sanierung 2021 fast abgeschlossen, Banner der Agentur am Gebäude (Sommer 2021)